15.08.2013 Pressemitteilung der Stadt Hanau

„Zuwandererprobleme nur kollektiv zu bewältigen“

Sozialdezernent zur Kritik des Sozialforums an Hilfen für die Daimlerstraße    

"Wir nehmen unserer soziale Verantwortung sehr ernst und bemühen uns seit Monaten im Rahmen unserer gesetzlichen Möglichkeiten, die Situation  für die Menschen in der Daimlerstraße zu verbessern", erklärt Sozialdezernent Axel Weiss-Thiel in seiner Replik auf die Vorwürfe des Hanauer Sozialforums, die Stadt Hanau  kümmere sich nicht im erforderlichen Maße um die zumeist rumänischen Zuwanderer. Anlass der Kritik, die in einem offenen Brief dargelegt ist, sind neun Räumungen, die der Eigentümer der Wohnblocks  in der Daimlerstraße per Gerichtsentscheid vollstrecken lassen will.

Im Hanauer Stadtgebiet werden jährlich rund 120 Räumungstermine von Immobilienbesitzern eingeleitet. "Die meisten  haben sich  bis zum  Termin erledigt, da sich die Betroffenen eigenständig um Wohnraum bemüht haben, häufig  nach Beratung durch das Amt für Sozial- und Wohnhilfe und andere karitative Institutionen", erklärt Stadtrat Axel Weiss-Thiel. "Das erwarten wir auch von den Menschen in der Daimlerstraße." Betroffen von den vom Hauseigentümer veranlassten Räumungen sind 17 Erwachsene sowie 22 Kinder  und Jugendliche zwischen einem und 16 Jahren.  "Da die Stadt gesetzlich verpflichtet ist, Obdach für Familien zu schaffen,  sollten diese nicht dazu in der Lage sein, bemühen wir uns seit Wochen, Wohnraum zu finden." Und er ergänzt: "Unsere Bemühungen hängen  grundsätzlich  nicht davon ab, welche Nationalität von Räumung bedrohte Menschen haben."  Der vom Sozialforum geäußerte Verdacht, der Kommunale Soziale Dienst (KSD)  würde bei der Aktion Kinder in Obhut  nehmen, entbehre jeglicher Grundlage,  so der Sozialdezernent.

Durch das Projekt der aufsuchenden Sozialarbeit, mit dem die Stadt den Internationalen Bund beauftragt hat und durch Beratung und Unterstützung durch Mitarbeiter des KSD, konnten erste Kontakte mit den Familien in den Wohnblocks in der Daimlerstraße aufgenommen werden. In erster Linie gehe es darum  zu versuchen,  "den Familien Brücken in das Gesundheitssystem zu schlagen, damit zumindest die Kinder einem Arzt vorgestellt und geimpft werden". Ohne Impfzeugnisse dürfen sie weder eine Kindertagesstätte noch eine Schule besuchen. In der Umsetzung der Schulpflicht kooperiert die Stadt Hanau mit dem Staatlichen Schulamt.

Nicht minder wichtig ist dem Sozialdezernenten, den Zuwanderern zu vermitteln, "dass sie  das Sozialsystem nicht in Anspruch nehmen können,  ohne sich an gesetzliche, aber auch gesellschaftlich geltende Regeln zu halten, die ganz wesentlich ein respektvolles Miteinander beinhalten."   Dafür das Bewusstsein zu schärfen, Hilfe und Unterstützung zu leisten, aber auch Regelverstöße zu sanktionieren, das hat sich die "Task Force" zum Ziel gesetzt, die im vergangenen Jahr von Stadtrat Weiss-Thiel initiiert wurde. Diese Arbeitsgruppe aus Vertretern der Fachbereichs Soziale Dienste, Bildung und Integration, der Ordnungsbehörde, dem Staatlichen Schulamt und der Polizei steht im regelmäßigen Kontakt. "Wir können die mannigfaltigen Probleme nur kollektiv lösen, wir als Stadt stoßen mittlerweile an unsere Grenzen, - gesetzlich, finanziell und personell", so Weiss-Thiel.  Wie die Situation auch in anderen Städten zeige, handele es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, das durch europäische  Entwicklungen verursacht worden sei. "Aber die Politik auf Landes-, Bundes- und Europaebene verschließt davor meist die Augen und stattet uns vor Ort nicht mit den notwendigen Mitteln und Instrumenten aus. Dorthin muss das Sozialforum eigentlich seine Kritik richten."

Hanau hat sich mit wenigen anderen Städten diesem Problem auch sozialpolitisch gestellt und bietet Hilfe an. So gibt es gemeinsame Aktionen von Landespolizei und Stadtpolizei im Kampf gegen Kriminalität, beispielsweise gegen aggressives Betteln und Diebstähle.  Die Ordnungsbehörde veranlasst in regelmäßigen Abständen die Müllbeseitigung. Die Kosten stellt sie dem Hausbesitzer in Rechnung, "der eine  konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadt leider verweigert", kritisiert Weiss-Thiel. An der Lösung der Probleme in der Daimlerstraße arbeitet auch ein Netzwerk an karitativen Institutionen in der Stadt wie die Hanauer Tafel, die Caritas, der Sozialdienst Katholischer Frauen, pro familia  und das DRK.  "Wir brauchen noch viel mehr vor allem auch ehrenamtliches Engagement, um unserer sozialen Verantwortung  mit unseren Möglichkeiten gerecht werden zu können." Der Stadtrat fordert ausdrücklich die Mitglieder des Hanauer Sozialforums auf, sich in das Netz der Ehrenamtlichen einzuklinken.

"Bei allem, was wir an dieser Stelle tun, müssen wir die berechtigten Interessen sowohl der Neuzuwanderer als auch der Menschen  in der Nachbarschaft im Stadtteil - größtenteils selber Zuwandererfamilien - und der Stadt insgesamt im Blick haben", so Axel Weiss-Thiel. "Darin  liegt unsere eigentliche Verantwortung."