Konzept über eine soziale Bodennutzung und Wohnraumentwicklung

Jochen Dohn

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsitzende,
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Ihnen gleich am Anfang meiner Rede die Angst nehmen, es geht kein Gespenst in Hanau um. In dem Antrag geht es nicht um Enteignung, es geht nicht um die Einführung der klassenlosen Gesellschaft, es geht nicht darum, zu verbieten mit Grund und Boden bzw. mit der Miete Geld zu verdienen. Der Antrag ist viel niedrigschwelliger, er ist einfach nur das Bekenntnis dazu, dass zwar in Hanau viel gebaut wurde, aber es gerade für Menschen mit geringen und auch mit mittlerem Einkommen nicht genügend bezahlbarer Wohnraum gibt.

Laut Studie der Humboldt-Universität im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung landen 1,1 Millionen Haushalte mit 2,1 Millionen Menschen nach Abzug der Miete unterhalb des sozialstaatlich definierten Existenzminimums. Aber auch bei den darüber liegenden Einkommensgruppen nimmt der Anteil der Mietkosten am verfügbaren Einkommen ein bedrohliches Ausmaß an. Die IG BAU hat am Anfang des Monats aus der Mietpreis-Analyse des Pestel-Instituts zitiert und für den Main-Kinzig-Kreis festgestellt, dass der Anstieg der Kosten fürs Wohnen, die der Staat übernimmt, wenn Haushalte auf Hartz IV angewiesen sind, in 6 Jahren um 25,3 Prozent gestiegen sind. D.h. die Kaltmiete für Wohnungen mit einfachem Standard sind von 5,90 Euro pro Quadratmeter (im Januar 2015) auf 7,40 Euro (im April 2021) angestiegen. Leider liegen mir keine Zahlen nur für Hanau vor. Aber die Kaltmiete dürfte im Vergleich zum ganzen Main-Kinzig-Kreis nicht nur höher, sondern auch stärker angestiegen sein.

Meine Damen und Herren, es geht aber in dem Antrag auch darum, die Objektförderung in den Blick zunehmen, um von einer Subjektförderung, wie etwa Wohngeld ein Stück wegzukommen. Es geht im Endeffekt darum, dass Hanau, wie es schon andere Kommunen im Rhein-Main-Gebiet getan haben, eine Strategie verfolgt und die Voraussetzung schafft, gezielt für bestimmte Bevölkerungsgruppe Mietwohnangebote zu schaffen, die auf dem Wohnungsmarkt keine oder nur geringe Chance haben. Und dabei soll eben nicht nur die eigene Baugesellschaft oder die eigenen städtischen Grundstücke im Fokus stehen, sondern auch, was zukünftige Investoren zu beachten haben, wenn sie in Hanau bauen und damit Geldverdienen wollen.

Lassen Sie mich noch eines ebenso wichtiges anmerken: Wenn es ums Bauen und Bodenversiegelungen geht, müssen grundsätzlich ökologische bzw. klimaschonende Aspekt mitgedacht, mitgeplant und mit umgesetzt werden. Und ich wehre mich ebenso grundsätzlich dagegen, Soziales und Ökologie gegeneinander auszuspielen.

Meine Damen und Herren, natürlich spielen da Quoten eine Rolle. Ich weiß, einige von Ihnen schrecken da wieder zurück. Aber diese sind ein Teil, um expansiven Mieten, Spekulationen und Verdrängung zwar nicht zu verhindern, aber doch zu dämpfen. Deswegen ist es sinnvoll bei einer gewissen Anzahl von Wohneinheiten Quoten, für z. B. sozialen und öffentlich geförderten Mietwohnungsbau sowie für freifinanzierten Mietwohnungsbau, festzulegen. Regelungen über städtebaulichen Verträgen (§11 BauGB) oder Vorhabenpläne mit Durchführungsvertrag (§12 BauGB). Ebenfalls können Kritikerin bei der Ausweisung von Bauland helfen. Das könnte z.B. bedeuten, dass öffentliches Bauland nur auf dem Weg der Erbpacht für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt wird.

Für meine Fraktion steht der bezahlbare Mietwohnungsbau im Vordergrund und eben nicht noch weitere Eigentumswohnungen und Eigenheime. Und dafür stehen Fördermaßnahmen von Bund und Land und auch des Main-Kinzig-Kreises zur Verfügung. Sie sehen, das ist gar kein Hexenwerk, sondern nur die Anerkennung der realen Zustände auf dem sogenannten freien Wohnungsmarkt und die Suche nach Lösungen.

Wie erwähnt gibt es schon einige Konzepte, Kriterien und Regelungen in anderen Kommunen, sodass schon Erfahrungen da sind. Deshalb sollte der Magistrat ein Konzept der Stadtverordnetenversammlung vorlegen für eine sozial gerechte Bodennutzung und Wohnraumentwicklung. Dieses Konzept sollten wir dann diskutieren, evtl. verändern und danach umgehend umsetzen.