Nicht mehr als eine Beruhigungspille

Runder Tisch kritisiert Absprachen zur Wohnungspolitik

„Union und SPD haben sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf ein ‚Paket für bezahlbares Wohnen und Bauen‘ geeinigt. Allerdings: „Nicht eine einzige der erst kürzlich von CDU/CSU und FDP vorgenommenen Verschlechterungen des Mietrechts soll dabei zurückgenommen werden. Und die angeblichen Verbesserungen für die Mieter sind völlig unzureichend.“ Diese Kritik übt der Runde Tisch für menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen in Hanau. Ihm gehören die Innenstadt AG des Sozialforums, die Linksfraktion und die DKP an.

Nur in Gebieten mit „angespannten Wohnungsmärkten“ sollen die Mieten bei bestehenden Mietverträgen um 15 % in vier Jahren, statt wie bisher um 20 % in drei Jahren, steigen dürfen. „Was das zum Beispiel für einen Rentner bedeutet, der mit gerade einmal 0,25 Prozent Rentensteigerung abgespeist wurde, ist leicht auszurechnen“, so die Mieteraktivisten.

In den angespannten Wohnungsmarktgebieten sollen die Mieten auch bei Neuvermietung begrenzt werden können, und zwar auf 10 % oberhalb des lokalen Mietspiegels. Die Festlegung dieser Gebiete wird wahrscheinlich den Bundesländern überlassen. Es steht zu befürchten, dass diese Regelungen erst nach langwierigen Gesetzgebungs- und Gutachterverfahren zur Anwendung kommen werden – und auch dann nur in wenigen Gebieten. In allen anderen Gebieten wird diese „Reform“ vermutlich keinerlei positiven Auswirkungen für die Mieter haben.

Eine wirksame Mietpreisbremse sieht anders aus. Schon allein die Anlehnung an den Mietspiegel bei Neuvermietungen ist fragwürdig, da in diese Berechnung laut der Broschüre „Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen für gewöhnlich nur diejenigen Mieten eingehen, die in den letzten 4 Jahren abgeschlossen wurden – also keinerlei der meist günstigeren Bestandsmieten. Gerade in der Hochmietregion Rhein-Main-Gebiet werden die Mieten durch diese Art der Berechnung eher in die Höhe getrieben. Eine Mietpreisbremse, die ans Gaspedal gekoppelt wurde, hat kein Lob verdient, finden die Mieteraktivisten des Runden Tisches.

Wer eine ernsthafte Bremse der derzeit explodierenden Mieten will, kommt um eine staatliche Begrenzung der Höchstmieten nicht herum.

Auch die angekündigte Reduzierung der Modernisierungsumlage ist mehr Schein als Sein. Konnten bislang 11 % der Gesamtkosten einer energetischen Gebäudesanierung, etwa Wärmedämmung, neue Heizung, bessere Fenster, pro Jahr auf die Miete aufgeschlagen werden – und zwar unbegrenzt viele Jahre, so sollen es zukünftig „nur“ noch 10 % sein. Das ist nicht mehr als Vertragskosmetik.

Auch künftig stellt die Bundesregierung nicht mehr als 518 Millionen Euro an Förderung für den Wohnungsbau zur Verfügung. Diese Summe reicht bei Weitem nicht aus.

Der Hanauer Runde Tisch ist überzeugt, dass diese Vorhaben der großen Koalition die Probleme der Wohnungsversorgung nicht lösen werden. „Die Probleme werden sich weiter zuspitzen", erwarten der Mieteraktivisten. Damit bleibe das Thema auch nach Bildung der Koalition auf der Tagesordnung. "Vieles wird davon abhängen, ob sich die in der letzten Zeit entstandene Protestbewegung gegen Wohnungsnot und Mietenwahnsinn ausweitet. Sie wird weiter in die konkrete politische Debatte eingreifen und die Politiker zwingen müssen, mit echten Mietpreisbremsen, wirklichem sozialen Wohnungsbau und realen Mieterrechten zu reagieren“.