Staudinger: Kohle blockiert den Ausbau der Erneuerbaren Energien

Janine Wissler (MdL)

Rede von Janine Wissler zur Aktuellen Stunde der CDU betreffend Hessen-SPD bei Staudinger auf Konfrontationskurs gegen Gewerkschaft und SPD-Bundesspitze am 9. Juni 2011 (Redemanuskript)

 

Herr/Frau Präsident/in, meine Damen und Herren,

vor wenigen Tagen hat die Internationale Energieagentur eine Studie veröffentlicht, in der sie eine Bemessung des globalen Kohlendioxid-Ausstoßes vornimmt. Nach einem leichten Rückgang in den Jahren 2008 und 2009, den die Forscher auf die Wirtschaftskrise zurückführen, rauchen die Schornsteine in Folge des Aufschwungs wieder.

Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass der Anstieg des CO2-Ausstoßes im Jahr 2010 der größte jemals war. Wenn diese Entwicklung anhält, wird es unmöglich, den weltweiten CO2-Ausstoß bis 2020 auf die international anerkannten Ziele zu begrenzen.

Wenn alles so weiter geht wie bisher, wird es nach Einschätzung des Chef-Ökonom der Internationalen Energieagentur unmöglich sein, den Klimawandel auf ein „beherrschbares Maß" zu begrenzen. Es droht also mehr denn je eine unbeherrschbare Klimaveränderung, denn das Problem sei, dass in der Klima- und Industriepolitik „praktisch nichts gegen die ausufernden Treibhausemissionen unternommen" werde.

Meine Damen und Herren, die einzig richtige Konsequenz aus dieser alarmierenden Studie ist, dass in jedem Land und auch in jedem Bundesland alles daran gesetzt werden muss, den CO2-Ausstoß zu verringern.

Aber Sie wollen in Deutschland neue Kohlekraftwerke, neue CO2-Schleudern, bauen. Schwarz-Gelb verfährt nach dem Motto, ist das Klima erst ruiniert, verbrennt es sich ganz ungeniert und will den Atomstrom durch Kohle kompensieren.

Die Bundesregierung hält an ihrem Ausbauziel von 35 Prozent Erneuerbarer bis 2020 fest – trotz geplantem Atomausstieg – und setzt auf neue Kohlekraftwerke.

E.ON plant mit dem Neubau des Blocks 6 am Kraftwerk Staudinger den größten Steinkohlekraftwerksblock der Welt mit einer Leistung von 1100 Megawatt.

Es geht hierbei eben nicht um die Ersetzung alter Kraftwerksblöcke durch einen angeblich effektiveren und umweltschonenderen. Durch Block 6 würde noch deutlich mehr CO2 als jetzt in die Atmosphäre geblasen als bereits jetzt.

Dabei ist der Bau von Block 6 aus Versorgungsgründen überhaupt nicht notwendig, denn bisher sind nicht mal die restlichen Blöcke des Kraftwerks Staudinger voll ausgelastet, nicht mal während des Atommoratoriums. In der Zeit zwischen dem 9. April und dem 2. Mai diesen Jahres war Staudinger mit etwa 1700 Megawatt Kapazitäten der Blöcke 1,3,4,5 höchstens zu 25 Prozent ausgelastet.

Block 1 ging während dieses Zeitraums nur an 6 Tagen, Block 3 an 7 Tagen ans Netz und der Gasblock 4 war in dieser Zeit überhaupt nicht in Betrieb. Warum also der Ausbau, wo es doch offensichtlich kein Versorgungsproblem gibt?

Und zu den Arbeitsplätzen: E.ON hat bereits angekündigt, dass durch den Bau von Block 6 Arbeitsplätze wegfallen werden. Arbeitsplätze sind also in jedem Fall gefährdet. Aber statt auf das große Potential von Arbeitsplätzen im Bereich der Erneuerbaren Energien zu setzen, wollen Sie eine Technologie stützen, die aus Klima- und Ressourcengründen nicht zukunftsfähig ist.

Der von E.ON geplante Block 6 würde über Jahrzehnte – die geplante Laufzeit beträgt 40 Jahre – eine veraltete, kontraproduktive Kraftwerkstechnologie zementieren. Niemand investiert 1,2 Milliarden in eine auslaufende Brückentechnologie. Die hohen Ausgaben der Konzerne für Forschung und Entwicklung im Bereich Kohle und CCS lassen darauf schließen, dass die Großen Vier noch lange auf Kohle setzen wollen. Damit werden die zentralistischen Strukturen in der deutschen Energiewirtschaft zementiert und die Macht der Großen Vier durch neue Großkraftwerke gestärkt. Wir müssen den Ausstieg aus der Atomenergie mit einem vollständigen Umbau der Energiewirtschaft verbinden. Deshalb lehnen wir den Bau neuer Kohlekraftwerke ab.

Kohle blockiert den Ausbau der Erneuerbaren, weil Kohlekraftwerke viel zu unflexibel sind. Wenn es eine Überproduktion an Strom gibt, werden Windkraftanlagen abgeschaltet und nicht die Kohlekraftwerke.

Deshalb brauchen wir für den Übergang flexible Anlagen wie Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerke. Die könnten mindestens genauso schnell gebaut werden wie Block 6, sind sehr viel umweltfreundlicher und vor allem effizienter.

Denn der Wirkungsgrad der Anlagen ist viel höher, er liegt bei bis zu 90 Prozent. Zum Vergleich: Die alten Blöcke in Staudinger haben einen Wirkungsgrad von 38 Prozent, Block 6 wird maximal 46 Prozent erreichen.

Wer es mit dem Klimaschutz ernst meint, muss den Ausbau Erneuerbarer Energien voranbringen, damit ein frühzeitiger Ausstieg aus der Kohleverstromung möglich wird. Vor allem aber dürfen keine neuen Kohlkraftwerke gebaut werden. Atomausstieg und Klimaschutz sind kein Widerspruch, sondern gehören zusammen.

Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien verweisen Sie gern auf angeblich fehlende gesellschaftliche Akzeptanz. Wo immer ein Windrad in Planung ist, reden Sie von Verschandelung der Landschaft. Der neue Kühlturm bei Staudinger soll 180 Meter hoch sein. Wenn es Ihnen tatsächlich um Landschaftsästhetik und gesellschaftliche Akzeptanz geht, dann sollten Sie die Ausbaupläne für Staudinger schleunigst begraben.

Was die CDU hier diskutieren will, ist die inkonsequente Haltung der SPD zur Kohlekraft. In Hessen sagt die SPD Nein zu Staudinger, aber auf Bundesebene befürwortet sie den Bau neuer Kohlekraftwerke. Auch in dem SPD-Papier zu „Neue Energie" wird der Kohlekraft eine zu große Rolle eingeräumt. Das ist in der Tat nicht konsequent, da sind CDU und FDP anders, Sie vertreten konsequent die falsche Position.

Wir unterstützen die Bürgerinitiative Stopp Staudinger in ihrer Ablehnung der Erweiterung des Kraftwerkes Staudinger.