Hanauer Sprach-Kitas müssen erhalten bleiben

Jochen Dohn

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsitzende,
Sehr geehrte Damen und Herren,

selten sind sich so viel einig. Von den Kita-Beschäftigten, über Wissenschaftler bis hin zu Politikern aller Couleur, die Sprach-Kitas sind ein Erfolg und zwar auf breiter Linie. Selten ist eine Ankündigung der Grünen Bundesfamilienministerin Paus, das Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ am Ende des Jahres auslaufen zu lassen, auf so viel Empörung und Widerspruch gestoßen.

Denn allen ist bekannt, dass die Sprach-Kitas gut und zielgenau arbeiten. Sie helfen denjenigen, die Hilfe brauchen. Es wurden in den letzten Jahren Strukturen mit Fachpersonal geschaffen. Durch inklusiver Pädagogik und intensive Zusammenarbeit mit den Familien, konnte eine deutlich bessere Qualität festgestellt werden.

Wie wichtig Sprache ist, wissen wir in Hanau schon seit Jahren. Schon lange bevor es Förderprogramme gab, gab es Sprachförderung in unserer Stadt, die durch Einwanderung geprägt wurde und weiterhin wird. Deshalb wissen wir, wie wichtig Sprachförderung für die Integration und Bildung ist. Wir wissen, dass die Sprach-Kitas auch zu einem sozialpolitischen Erfolg beitragen und zwar mit einer verhältnismäßig kleinen Förderung des Bundes. So lag die Förderung des Bundes für alle Sprach-Kitas jährlich zwischen 200-260 Millionen Euro. Übrigens, all die positiven Effekte sind wissenschaftlich nachgewiesen und erst Recht nicht neu.

Wer sich näher mit diesen Studien beschäftigen möchte, der- bzw. demjenigen empfehle ich im Internet nach Prof. Yvonne Anders von der Universität Bamberg zu suchen. Sie ist Projektleiterin der Evaluation des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“.

Also, was reitet die Bundesregierung die gezielte Förderung ein nachweislich erfolgreiches Projekt einzustellen? Dies hat nämlich weder etwas mit Weiterentwicklung und noch mit Verstetigung der finanziellen Mittel zu tun.

Meine Damen und Herren, erst vor kurzem wurde eine Petition im Bundestag besprochen. Diese Petition forderte, dass die Förderung weiterhin bestehen bleiben muss und dass die Mittel nicht mit dem KiTa-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz, dem sogenannten Gute-KiTa-Gesetz, verrechnet werden darf. Dieses Gute-KiTa-Gesetz, dessen Name mehr verspricht, als dahintersteckt. Also, dieses KiTa-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz sieht ein Budget von 4 Milliarden Euro in den nächsten beiden Jahren vor, die an die Bundesländer fließen sollen. Aber diese finanziellen Mittel sind für ganz viele Maßnahmen und zwar in zehn Handlungsfelder in der frühkindlichen Bildung:

Bedarfsgerechtes Angebot, Fachkraft-Kind-Schlüssel, Gewinnung und Sicherung qualifizierter Fachkräfte, Stärkung der Leitung, Verbesserung der räumlichen Gestaltung, Förderung der kindlichen Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung, Stärkung der Kindertagespflege, Verbesserung der Steuerung des Systems, Bewältigung inhaltlicher Herausforderungen und eben der Förderung der sprachlichen Bildung.

Dass sich nun eine 6-monatige Übergangsfrist bis Sommer 2023 abzeichnet, ist zu begrüßen, aber vor allem dem großen Aufschrei und Widerstand zu verdanken. Auch dem Aufschrei der Bundesländer. Aber ob die Bundesländer in der Lage und willens sind, nach diesen 6 Monaten die Weiterführung im vollem Umfang zu finanzieren, das wird sich noch zeigen. Und in Hessen, meine Damen und Herren, kommt es auf den Willen an.

Um klarzustellen: Die Idee des KiTa-Qualitätsgesetzes ist völlig richtig, aber die Umsetzung hat eben große Fehler. Die auch von den Fachverbänden geäußert wurden. So z. B. dass das Kitasystem generell chronisch unterfinanziert ist, um all diese zehn Handlungsfelder abzudecken. Aber anstatt zumindest die Inflation aufzufangen, legt die Bundesregierung lieber einen Sparhaushalt in diesem Bereich vor.  Familienministerium geht es eben nicht um Waffen.

Ein weiterer Fehler liegt im diesem Fall im Föderalismus, dass die Bundesländer eben selbst entscheiden, welche konkreten Maßnahmen sie in der frühkindlichen Bildung ergreifen wollen oder eben sein lassen.

Da gibt es zwar die Aussagen des Grünen Hessischen Sozialministers, Kai Klose, dass er den Wegfall bedauern würde und er eine Übergangsfrist begrüßt. Aber eben mit keiner Silbe, dass Hessen nach dieser Übergangsfrist für die Finanzierung des Weiterbetriebes der Sprach-Kitas einsteht. Ganz anders wie z.B. Nordrhein-Westfalen. Dort hat die Grüne Familienministerien deutlich erklärt, man werde das landesseitig über den Haushalt 2023 sicherstellen. Mit solchen klaren Aussagen, gibt man Kita-Beschäftigten, den Kindern und den Eltern Sicherheit und schafft die Voraussetzung einer Weiterentwicklung und Verstetigung. Leider nicht so in Hessen. Die Landesregierung wäre doch eigentlich in der Lage bei den derzeitigen Haushaltsdebatten eine klare Zusage zu treffen. Was spricht dagegen? Etwa die Abwälzung der Kosten auf die Kommunen?

Meine Damen und Herren, für die Kommunen wäre ein kompletter Wegfall der Finanzierung für die Sprach-Kitas verheerende und um nicht die pädagogische Qualität zu verlieren, müssten eben Eigenmittel den Wegfall kompensieren.

Wie aus der Pressemitteilung der letzten Woche von Herrn Bürgermeister Weiss-Thiel und der Leiterin des Eigenbetriebs Hanau Kindertagesbetreuung, Frau Weiermann, zu erfahren war, will Hanau, in welchem Umfang auch immer, an der Sprachförderung festhalten.

Dies ist gut so und mit Verlaub, ich habe auch nichts Anderes erwartet.

Weiter war aus der Pressemitteilung zu erfahren, dass sich derzeit in Hanau 19 Kitas an dem Programm beteiligen. In diesen Kitas gibt es jeweils zusätzlich eine Fachkraft mit einer halben Stelle. Zudem gibt es in der Stadt noch zwei halbe Stellen für die Fachberatung, die über die Stadtgrenze hinaus auch für andere Städte zur Verfügung steht.

Ich gehe davon aus, dass sicherlich Herr Bürgermeister Weiss-Thiel in seiner Rede auf die Situation in Hanau noch genauer eingehen wird.

Deshalb bleibt mir am Schluss noch die Bitte an die Stadtverordnetenversammlung, unserem Antrag zuzustimmen und zumindest ein Zeichen an den Bund und an das Land zu senden, dass wir in Hanau an dem Erfolg der Sprach-Kitas glauben und festhalten wollen und es dafür eine Weiterfinanzierung geben muss.