Doppelhaushalt 2022-2023

Jochen Dohn

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsitzende,
Sehr geehrte Damen und Herren,

als im Januar diesen Jahres Herr Oberbürgermeister Kaminsky den Doppelhaushalt eingebracht hat und Hannah Arendt mit dem Satz wiedergab: „Die Wunder wirkende Fähigkeit des Handelns“, da war es noch einem Monat hin, bis ein russischer Nationalist mit dem Angriff auf die Ukraine handelte. Es wurde schon in den vorherigen Redebeiträgen darauf hingewiesen.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind noch lange nicht vorüber, da spüren wir die Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Auch in Hanau, wie dies im Nachtrag zum Doppelhaushalt herauszulesen ist. Aber es gibt noch weitere kommunale Themen, die eine zukünftige Antwort und nachhaltige Entscheidungen bedürfen. Deswegen hat DIE FRAKTION Hanau frei nach Hannah Arendt, dass „die Fähigkeit des Handelns jedem Individuum eigen ist“ dies mit eigenen Haushaltsanträgen getan. Und das ist auch Aufgabe einer Opposition. Auch wenn uns schon zu dem Zeitpunkt bewusst war, dass die Hanauer Koalition von SPD, CDU und FDP sich mit den Anträgen der Opposition zwar befassen muss, jedoch diese sicherlich nicht in den Haushalt einfließen lassen wird. Aber darauf hinzuweisen, es gäbe keine Gegenvorschläge für die Finanzierung, stimmt für die Haushaltsanträge meiner Fraktion jedenfalls nicht. Sie können nur sagen, dies sei unrealistisch. Nur dabei sollte die Koalition auch bedenken, dass die Opposition nicht auf eine komplette städtische Verwaltung zurückgreifen, die ihm zuarbeiten. Trotzdem mein Dank an die Verwaltung, für die Präsentationen zur Haushaltsberatung.

Aber immerhin wurde über die Haushaltsanträge in den Fachausschüssen gesprochen, nicht so die Haushaltsanträge der Ortsbeiräte, die mit der Überweisung in den Magistrat wohl in ihrer überwiegenden Anzahl nicht mehr das Licht der Öffentlichkeit erblicken werden.

Meine Damen und Herren,
zuvor noch einmal ein Blick auf die derzeitige wirtschaftliche Situation und das Verhältnis zwischen Bund, Land und Kommune. Ich glaube, dass über Parteigrenzen hinweg vereinzelt meine Einschätzung, geteilt wird, dass für die Kommunen, im Rahmen, der von Bund und Land verabschiedenden Gesetze und Verordnung gibt, jedoch der finanzielle Ausgleich nicht ausreicht. Wie wir sehen aber auch, es ist Geld für Investition in ungeahnte Höhen vorhanden. Der Bund nennt 100 Mrd. Euro Schulden einfach Sondervermögen und gibt es für Bundeswehr und Waffen aus und nicht für den Frieden. Davon kann z.B. die Pflege oder Menschen, die in Armut oder an der Armutsgrenze leben – Stichwort steigende Inflation - nur träumen. Ganz zu schweigen was mit solch einer Investition für den massiven Ausbau von regenerativen Energien für den Klimaschutz und für Unabhängigkeit von Diktaturen bedeuten. Trotz und gerade wegen der Corona-Pandemie und wegen des Ukraine-Krieges gibt es eine Menge Profiteure, die Rekorddividenden auszahlen. Diese Krisen- und Kriegsgewinne müssten für dringend benötigte Investitionen abgeschöpft werden – leider fehlt dafür der Wille und die politische Mehrheit. Trotz allen Auswirkungen der Krisen und Kriege geht die, in der letzten Woche vorgestellte, Steuerschätzung von Steuermehreinnahmen aus, die auch die Gewerbesteuer betreffen. Die in Hanau bekanntlich sehr zurückhaltend kalkuliert wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wohl möglich stimmen sie mir ja zu, dass der Main-Kinzig-Kreis auf die Erhöhung der Kreisumlage hätte verzichten können. Ob bzw. wann sich Hanau nicht nur die Kreisumlage, sondern auch die bereitgestellten finanziellen Mittel für die Landratswahl sparen kann. Wie weit sind den jetzt die Verhandlung über die Kreisfreiheit? Ist ein Ergebnis zeitnah absehbar? Dazu hat die Koaliton kein Wort verloren. Wirklich zur Kreisfreiheit kein Wort.

Wo sie liebe SPD, CDU und FDP definitiv liefern müssen, ist die Hanauer-Politik zu transformieren hinzu einer nachhaltig und sozialökologischen Ausrichtung, um die Zukunftsaufgaben zu meistern. Und da versagt der Doppelhaushalt und dafür reicht es auch nicht, ein weiteres Einkaufsevent zu starten.

Um es konkret zumachen, auch in Hanau steigt die Armut, auch hier geht die Schere zwischen Arm und Reich auseinander, insbesondere durch Inflationsraten um die 7 Prozent. Die Energiepreise gehen durch die Decke und auch die Preise, der täglich benötigten Lebensmittel, steigen stetig. Jede und Jeder hat den Hilferuf der Hanauer Tafel vernommen. Dabei kommt den Tafeln eine Rolle zu, die eigentlich zur staatlichen Aufgabe gehört - die tägliche materielle Not zu überwinden. Des Weiteren wird es wohl zu mehr Energiesperren durch die Stadtwerke Hanau wegen nicht bezahlter Rechnungen kommen. Darauf muss reagiert werden, um stärkere soziale Verwerfungen zu verhindern. Auch dazu habe ich von der Koalition kein Wort gehört.

Außerdem hat Hanau weiterhin nicht genügend bezahlbare Wohnungen und zu hoffen, dass irgendwann einmal die Causa Anna-Siedlung zu einem glücklichen Ende kommt, damit dort der dringende Mietwohnraum entsteht, ist derzeit eher Wunschdenken. Es ist nicht weg zu deuten, dass in den anderen Baugebieten, so gut wie kein bezahlbarer Wohnraum entsteht. Ich weiß - ich weiß, wir haben grundsätzliche andere Vorstellung von der Definition von bezahlbaren Mieten.

Dasselbe gilt übrigens auch für die Definition von sozialen Präventionsmaßnahmen. Einmal am Beispiel der Kinder- und Jugendarbeit festgemacht. Hier hat die Pandemie Kinder und Jugendliche hart getroffen, die Zahl der Schulabrecher:innen steigt. Die Präventionsarbeit bzw. die generelle Arbeit im JUZ Kesselstadt wird allseits gelobt. Die insbesondere durch die Aufarbeitung des Attentats vom 19. Februar 2020 in den Blickpunkt der Hanauer Öffentlichkeit gekommen ist. Und wir begrüßen über die Parteigrenzen hinweg, dass durch Fördergelder von Bund und Land weiteres pädagogisches Personal beschäftigt werden kann. Aber diese Koalition ist nicht in der Lage ein Projekt, wie das Box-Gym, finanziell so zu unterstützen, dass dieses nicht jedes Jahr auf das neue ums Überleben kämpfen muss. Nein, es ist sogar noch schlimmer, sie sind nicht in der Lage den pädagogischen Mehrwert dieses Projektes einzuordnen. Und deswegen lehnen sie unseren Haushaltsantrag ja auch ab. Ich verweise hierzu auf die Berichte im Jugendhilfeplan und bin gespannt, wie sie mit den Ortsbeirats-Anträgen zu der Sozialarbeit vor Ort umgehen werden.

Meine Damen und Herren,
natürlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass Hanau bei der Kinderbetreuung weiterhin eine Vorreiterrolle innehat. Dies kann aber nur weiterhin gelingen, wenn gut ausgebildetes Personal zur Verfügung steht und dieses auch entsprechend ihre Qualifikation bezahlt wird. Deswegen steht DIE FRAKTION auch hinter den Forderungen und Streiks der Beschäftigten bei den Sozial- und Erziehungsdienste für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Eingruppierungen. Aber auch die Stadt Hanau muss ihre Anstrengungen erweitern, nicht nur neues Personal zu rekrutieren, sondern auch den derzeitigen Beschäftigten im Eigenbetrieb weitere Angebote zu unterbreiten, um diese zu halten.

Übrigens, auch in Sachen Integration und Inklusion wird bei der Kinderbetreuung vorbildliche Arbeit geleistet. Zur Integration zählt u.a. auch die Willkommenskultur und die Hilfsbereitschaft gegenüber den Kriegsflüchtlingen und zwar nicht nur aus der Ukraine. Deshalb sollte es auch eine gesetzliche Gleichbehandlung auf allen Ebenen für alle Flüchtlinge, egal aus welchem Land, geben. Apropos Integration - solange es noch kein Kommunalwahlrecht für alle gibt, gehört es auch, dass der Ausländerbeirat in seiner Arbeit angemessen unterstützt wird. Ob dies durch die Streichung der Geschäftsführungsstelle erreicht wird, kann jedoch bezweifelt werden. Zudem stellt sich meine Fraktion die Frage: Wie es eigentlich mit dem Integrationskonzept in Hanau weitergeht?

Meine Damen und Herren,
leider war auch unser Haushaltsantrag nicht von Erfolg gekrönt, dass alle eingereichten Entwicklungshilfeprojekte voll finanziert werden. Und dabei ging es um die wahnsinnige Summe von sage und schreibe 4.000,- Euro. Nun gut.

Nichts zu zweifeln gibt es bei den Bestrebungen demokratische Strukturen und Anti-Rassismus in unserer Stadt zu stärken. Deshalb unterstützen wir das Zentrum für Demokratie und Vielfalt genauso wie anderweitige Projekte, die sich mit den Themen beschäftigen. Jedoch möchte ich an dieser Stelle noch einmal für DIE FRAKTION Hanau erklären, dass wir den Wunsch der Familien und Freunden der Opfer des rassistischen Attentats für ein Mahnmal auf dem Marktplatz unterstützen und hoffe, dass es noch zu einer gütlichen Einigung kommen wird.

Meine Damen und Herren,
wir haben ebenfalls unterschiedliche Ansichten, was sich in Hanau ändern muss, um die Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen. Damit meint meine Fraktion: Tut diese Koalition auf allen Politikfeldern genug? Mit welchen Maßnahmen begegnet Hanau hier vor Ort dem immer früher im Jahr kommenden Erdüberlastungstag? Vom 1. Januar bis zum 4. Mai haben die Deutschen so viel von der Natur verbraucht, wie der Planet in diesem Jahr überhaupt regenerieren kann. Wie wird Wasser gespart und wie wird Regenwasser genutzt? Kann Hanau z.B. zu einer Schwammstadt werden? Wie sieht es mit Ver- oder Entsiegelung von Böden aus? Wie wird der CO2-Ausstoss verringert? Wie weiter mit dem Verkehr und der sogenannten Verkehrswende? Bleibt dies in einer schönen teuren Broschüre zum Mobilitätsleitbild und werden nur Placebo-Maßnahmen umgesetzt? Oder anders ausgedrückt: Was macht denn eigentlich das Klimaschutzkonzept der Stadt? Mit diesem Doppelhaushalt machen sie jedenfalls keinen großen Schritt zur Klimaneutralität Hanaus.

Auch beim Bauen und zwar nicht nur bei bezahlbaren Mietwohnraum, haben wir unterschiedliche Ansichten. Ich spreche hier von den Aufgaben des Bauens und Sanieren durch den Eigenbetrieb Immobilen- und Baumanagement. DIE FRAKTION sieht es als notwendig an, mehr in Schulen und Kita zu investieren, da Hanau schnell gewachsen ist und noch wachsen wird. Sowie Investitionen in Gebäude, um diese so zu gestalten, damit nachhaltige Standards entsprochen werden kann. Und dies gleichzeitig bei steigenden Preisen und Mangel Handwerker:innen. Dafür wird Geld benötigt und nicht zu knapp. Deshalb unser Haushaltsantrag auf den Großkundenrabatt ganz zu verzichten.

Mit Verlaub, sie haben gegen unseren Antrag gesprochen und ihn abgelehnt. Aber dabei zu betonen, dass der Eigenbetrieb gar nicht wüsste, wie sie das ganze Geld ausgeben sollten und sie dann evtl. goldene Wasserhähne kaufen müssten, taugt zwar für einen Lacher im Bauausschuss, hat aber mit der Wirklichkeit, und das sage ich ihnen auch als Mitglied der Betriebskommission, nichts zu tun – rein gar nichts. Und auch sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen ganz genau, dass nicht ausgegebene finanzielle Mittel natürlich wieder in den städtischen Haushalt per Beschluss zurückfließen können.

Meine Damen und Herren,
natürlich wäre es möglich gewesen anstelle von 3 auch 30 Haushaltsanträge zu stellen, nur diese hätten das gleiche Schicksal der Ablehnung erfahren. Es bleibt dabei, der Doppelhaushalt 2022 2023 von SPD, CDU und FDP ist weder sozial noch ökologisch ausgerichtet und wird den zukünftigen Herausforderungen höchstens in Nuancen gerecht. Deshalb wird DIE FRAKTION Hanau sich bei den Wirtschaftsplänen der Eigenbetrieben enthalten und den Haushalt ablehnen.

So bleibt mir zum Schluss nur zu sagen – genießen Sie den Klimawandel.